Austausch über Erweiterung, Internationalisierung und anderes: Regierungspräsident Ullrich informiert sich bei der Firma Weiss Chemie + Technik GmbH & Co. KG in Haiger
Gießen/Haiger. Das Unternehmen hat Industriegeschichte geschrieben und über die Jahrhunderte bewiesen, was Zusammenhalt bedeutet: Im Jahr 1815 startete Philipp Carl Weiss mit seiner Leimfabrik in Haiger mit einem einzigen Produkt, also noch vor Beginn der Industrialisierung. Heute ist die Firma Weiss Chemie + Technik GmbH & Co. KG nach wie vor dort ansässig, hat sein Angebot aber vervielfacht. Der Gießener Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich besuchte das zweitälteste Unternehmen im Lahn-Dill-Kreis, um sich ein Bild von der kürzlich erfolgten Erweiterung zu machen, über künftige Pläne zu informieren und sich über die Stimmung in der heimischen Wirtschaft auszutauschen.
Weiss-Geschäftsführer Christian Dölle (Haiger) stellte dem Gießener Verwaltungschef das Unternehmen vor. Die Produkte des Unternehmens in dem die drei Bereiche Kleben und Dichten, Sandwich- und Fassadentechnologie sowie Reinigungslösungen sind im Alltag nahezu überall zu finden. Dazu zählen: Fenster und Türen, Container, Wohnwagen, im Schall- und Brandschutz, in Möbeln, im Holzbau genauso wie in Fahrzeugen oder Garagentoren. Alleine über 400 Varianten an Klebstoffen hat es im Angebot.
Im Labor erhielt der Regierungspräsident durch den Innovationschef und promovierten Chemiker, Dr. Oliver Flender, einen Vorgeschmack auf die neuesten Entwicklungen, die demnächst eingeführt werden. „Dass dafür das Innovationsteam verdoppelt worden ist, ist so ein starkes Zeichen für die Region Mittelhessen, das wir brauchen“, erklärt RP Ullrich. Der steht ebenfalls als Vorsitzender dem Netzwerk „Mittelhessen e.V.“ mit seinen 377 Mitgliedern vor, zu denen Kommunen und Unternehmen, Verbände und Institutionen, aber auch Einzelpersonen zählen – und auch die Weiss Chemie + Technik GmbH & Co. KG. „Wenn ich mir anschaue, wie vielen Generationen dieses Unternehmen den Menschen in der Region einen Arbeitsplatz und damit auch ein Einkommen und Nahrung geboten hat, dann verdeutlicht das seine Bedeutung für Mittelhessen.“
Dass ein solches Unternehmen, das sich nach wie vor in Familienhand befindet, nur so lange bestehen kann, liegt an der Anpassungsfähigkeit an die Wünsche seiner Kunden. Heutzutage heißt das: Transformation. Christian Dölle stellte RP Ullrich die vielen Neuerungen vor, die seit Übernahme der Geschäftsführung durch ihn vor 18 Monaten angestoßen worden sind. Ein Stichwort ist eines, das sehr viele Unternehmen derzeit beschäftigt: Fachkräftesicherung. Seitdem seien bereits 100 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus der Region für eine Mitarbeit in Fach- und Führungspositionen begeistert worden. „In Zeichen des Fachkräftemangels ist das ein starkes Zeichen, dass sich unser Kurs lohnt“, freut sich Prokurist Sven Ringsdorf, unter anderem für den Personalbereich zuständig. „Mitarbeiter sind unser wertvollstes Kapital“, betont auch Christian Dölle die Bedeutung von Leistungsträgern.
Viele der Produkte werden individuell nach Kundenwunsch und für spezielle Anwendungsbereiche gefertigt. „Dabei richten wir uns nun noch internationaler aus“, erklärte Geschäftsführer Christian Dölle. Verstärkt internationalisiert will das Unternehmen arbeiten, etwa in BeNeLux, dem Vereinigten Königreich oder Italien. In die Märkte Spanien, Nordafrika und Südamerika steht ein Neueinstieg bevor und die Marktzugänge in den USA oder China sollen noch weiter optimiert werden. „Schon heute liefert Weiss in über 70 Länder weltweit“, erläutert Dölle.
Das Thema bringt den Schwenk zur aktuellen wirtschaftlichen bundesweiten Lage: „Nur dadurch ist es uns möglich, die Rezession in Deutschland abzufedern“, erklärt Dölle. Die Wettbewerbsnachteile eines deutschen Traditionsunternehmens müsse die Politik ausgleichen, sonst werde der deutsche Standort unattraktiv. Bewusst hätten sich die Eigentümer für den Ausbau des Standorts Haiger als Produktion- und Innovationshub entschieden. „In diesem Zusammenhang sind wir in vielerlei Hinsicht auf die Unterstützung des Regierungspräsidiums angewiesen“, sagt der Geschäftsführer. Zugleich fordert er den Abbau von überbordender Bürokratie und vereinfachte Genehmigungsverfahren.
Hier gibt es die meisten Überschneidungen zwischen Unternehmen und dem Regierungspräsidium Gießen, das in seinem mittelhessischen Bezirk der fünf Landkreise einerseits unter anderem den Arbeitsschutz kontrolliert, aber eben auch Erweiterungen von Betrieben genehmigt oder Produktionsprozesse und deren Folgen kontrolliert. Als eine Verwaltung mit fast 1500 Beschäftigten sei das RP Gießen eine Bündelungsbehörde, erläutert Christoph Ullrich. „Bei einer Erweiterung zum Beispiel müssen wir sowohl den Regionalplan im Blick haben, aber genauso auch die gesetzlichen Vorgaben von Umwelt- und Naturschutz koordinieren.“ Hier müssten viele verschiedene Interessen abgewogen werden. Aber nicht umsonst laute das Leitmotto des Regierungspräsidiums: „Für die Bürger, für die Wirtschaft, für die Region.“
Christian Dölle bewertet den Austausch mit Regierungspräsident Ullrich positiv, der wiederum den eingeschlagenen Kurs mit den Worten kommentiert: „Die Weiss-Gruppe ist ein sehr gutes Beispiel für Erfindergeist und Unternehmertum in unserer Region Mittelhessen, die sich fit für das dritte Jahrhundert ihrer Firmengeschichte macht.“ Seine Behörde werde den Wachstumsprozess auch weiterhin im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten positiv begleiten.
Der Gießener Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich besucht mit Jan-Eric Walb (RP Gießen) das Unternehmen Weiss Chemie + Technik GmbH & Co. KG in Haiger und wird von Dr. Oliver Flender (v.l.), Sven Ringsdorf und Christian Dölle (r.) begrüßt.